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72. Was verbirgt sich im Loch Loch?

Zamonistik / Mai 2002 /

Am 29. April eines jeden Jahres zeigt die aufgehende Sonne, die um 7.23 Uhr durch eine Linse in der östlichen Bergkette rings um den Loch Loch fällt, exakt auf die Stelle, an der einem gewissen Herrn E. aus M. einst durch Unachzamkeit im Unterholz seine Unterwasserkamera abhanden kam. Zufall? Fügung? Göttliches Zeichen? Hinweise auf eine außerirdische Zivilisation? Menetekel des Weltuntergangs? Nun, die vergangene Hochkultur, die die Sonnenlinse vor etwa 32.000 Jahren dort installiert hat, auf dass sie die ersten Sonnenstrahlens eines gewissen Aprilmorgens Jahr für Jahr auf die beschrieben Weise lenke, tat dies weniger, um Herrn E. aus M. beim Wiederfinden seiner Kamera behilflich zu sein, als zwecks Huldigung ihres Sonnengottes.

Dennoch, eine beachtliche prophetische Leistung, zumal selbst der Kassenzettel, der noch vom Kauf dieser Kamera zeugt, auf den 29. April datiert ist und die Uhrzeit 7.23 trägt (wobei dies nachgewiesenermaßen eine Fehlleistung des Kassenchronometers war, denn so früh morgens pflegt auch ein Herr E. aus M. keine Unterwasserkameras zu kaufen), und dieser frappierende Sachverhalt doch eigentlich zumindest irgendeinem der am See stationierten Touristen, Imbissbuden- und Tretubootverleihbetreiber sowie der wegen redaktionsinterner Versäumnisse in den Rang von Hilfsuntersommerlochstopfern dritten Grades versetzten Journalisten dazu gereicht haben sollte, die verschwundene Kamera mit dem Lichteffekt der alten Hochkultur in Verbindung zu bringen. Dann hätte man sie nämlich gefunden und die Gelegenheit gehabt, die sensationellen Aufnahmen von dem vielumraunten UNGEWINSTER VOM LOCH LOCH zu sichten, die Herr E. aus M. gemacht zu haben steif und fest behauptete, bevor er unter mysteriösen Umständen verschwand und der zamonischen Öffentlichkeit die Chance genommen wurde, vermittels seines akribisch bei sich geführten Kassenbons oder seiner selbst hinter das Geheimnis vom Loch Loch zu kommen. Böse Zungen behaupten, das räzelhafte Verschwinden des selbsternannten Ungewinsterfotografen sei aus einem Fundus der südzamonischen Presse-, Gastronomie- und Tretubootverleiherinnung finanziert worden, weil diese drei Branchen wesentlich von dem Mythos um das Ungewinster lebten und nicht riskieren wollten, dass er durch eventuell authentisches Material zerstört würde. Herr E. aus M. sei zum Kiemenatmer umoperiert worden, heißt es, wohne jetzt in einem hübschen Lustschloss am Grunde des Sees und habe nun sozusagen selbst die Rolle des Ungewinsters vom Loch Loch übernommen.

Zumindest das Letztere ist gewiss Unsinn. Zwar weiß niemand genau, was ein Ungewinster ist, ob man es sehen kann, ob es überhaupt existiert oder ob Existenz oder Nichtexistenz überhaupt ein Maßstab zur Betrachtung des Phänomens "Ungewinster" sein kann - aber eins ist gewiss: Man überlebt es nicht. Jedenfalls nicht in gewohnter Geschmeidigkeit, wie die im Zustand von Entsetzen geweiteter Augen zu Stein erstarrten Gestalten einiger wagemutiger Expediteure beweisen, die - teilweise noch unter den Original-Käseglocken, in deren Schutz sie damals die tieferen Gefilde des Loch Loch bereisten - zuhauf am Ufer des Sees exponiert sind. Die Augen dieser Skulpturen des Grauens sind zur Sicherheit mit Kitt verschlossen, weil auch schon Analysten, die das auf der Netzhaut sich im Moment der Petrifikation eventuell eingebrannt haben Könntende zu deuten stroben, das Schixal der Forscher geteilt haben.

Auch bekannt ist, dass trotz dieser Abschreckung während der Haupzaison täglich im Durchschnitt 10.000 Sensationstouristen zum Loch Loch pilgern und dass im Durchschnitt 9.877 davon wieder zurückkehren, woraus sich folgern lässt, dass Herr E. aus M. nur eines von vielen Opfern des Ungewinsters war, dem halt nur mal irgend jemand Bedeutenderes versehentlich geglaubt haben muss, als er behauptete, es fotografiert zu haben - obwohl andere viel überzeugendere Beweise lieferten als nur einen Kassenbon, dessen Datum der Schlüssel zum Verständnis eines präantiken Sonnenkultes ist - wie zum Beispiel abstrakte Gemälde in Grautönen, aus denen sich 7x10^35 Interpretationsmöglichkeiten ergeben, von denen das Ungewinster vom Loch Loch dann imerhin eine ist.

Man kann aber auch annehmen, das Ungewinster sei ein Seefluch, der einst entstand, als sich das Wasser des Loch Loch mit dem grün phosphoreszierenden Blut achtundsechziger untoter Kanalisationspiraten vermengte, die auf den See hinausgefahren waren, um einem Ritual gemäß, das einst von einem lebendig mumifizierten und eingemauerten ägyptischen Magier mit den Fingerknochen in kopfstehenden und satanisch verzerrten Hieroglyphen auf die Innenseite seines steinernen Gefängnisses gekratzt worden war, neunhundertneunundneunzig unschuldige Fhernhachenbabys zu häuten und sich aus der Haut Mäntel zu nähen, jedoch kurz vor der Vollendung ihres malefiziösen Vorhabens alle 68 von einem Spiralblitz der Deluxe-Klasse in jeweils zwei Hälften zersägt wurden... wer weiß? Alles ist möglich. Außer in Atlantis auf legalem Wege vor dem Beginn der nächsten Eiszeit einen Gewerbeschein, eine Baugenehmigung oder etwas ähnlich Unnützes zu erhalten... aber darum geht es hier nicht.

Messungen an der Mündung des Flusses Loch Zwei in die Lochmunder Bucht deuten ein schwarzmagisches Geheimnis wie das Beschriebene jedenfalls an, denn die Teufelselfenkonzentration in diesem Gewässer übersteigt die empfohlene Tagesdosis um ein mehr als 200-faches, und auch andere charakteristische Bestandteile des Zombiebluts sowie altägyptische Mumienfaulgase in gelöster Form und ionisiertes Fhernhachenblut konnten bereits nachgewiesen werden. Es fällt überdies auf, dass der Teil der Bevölkerung, dessen Haushalte ihr Trinkwasser aus dem Wasserwerk Zweiloch Ost beziehen, im Gegensatz zur hellen, fröhlichen, aufgeschlossenen Westwasserwerksklientel eine Vorliebe für dunkle Kleidung mit Kapuzen sowie düstere, in die Augen getretene, in der Dunkelheit rot leuchtende Augen besitzt, zum Kannibalismus neigt und oft mit einer unheilverkündend unnatürlich echoschwangeren Grabesstimme spricht. Dass nur die eine Hälfte von Zweiloch davon betroffen ist, ist einleuchtend, weil dämonische Wasserbestandteile immer bevorzugt Abzweigungen nehmen, die nach links führen und somit an der Zweilocher Flussgabelung nur in Loch Zwei, nicht jedoch in Loch eins fließen. Was auch immer diese Bestandteile bewirken - sie können nicht annähernd so grauslich sein wie das berüchtigte Ungewinster vom Loch Loch, das hoffentlich nicht die Neigung hat, seinen See in Richtung des zamonischen Ozeans zu verlassen. Ansonsten kann man kaum hoffen, dass Malmstrom, Moloch, Klabautergeister, Teufelsfelsen, Tratschwellen, Tyrannowalfisch Rex und Einfuhrzöllner mittelfristig die einzigen Schrecken des Atlantik bleiben.

 

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