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59. Komponieren Sie ein mehrgängiges Menü aus den Spezialitäten der Gourmetica Insularis!

Zamonistik / Januar 2002 /

Herzlich Willkommen auf der Gourmetica Insularis! Sie sind soeben auf einem schwimmenden Paradies gelandet, auf dem es praktisch nichts gibt als Schwimmen, Spazieren, Schlafen und... Essen! Ihr Ferienprogramm ist also quasi gleichzeitig Ihre Speisekarte. Gut beraten wären Sie allerdings, wenn Ihnen ihr Überleben auf diesem Ort der sich jagenden Wonnen lieb ist, mit einer absoluten Nulldiät, die gleichwohl sehr reichhaltig und vielfältig sein kann. Und so geht's:

Beginnen Sie Ihren Tag mit einem tapferen Verzicht auf ein reichhaltiges Frühstück - betrachten Sie eine Weile das Schauspiel einer besonderen Nusssorte, die, sobald vom Baum gefallen und ins Gras geplumpst, in zwei adrette Hälften zerspringt, die köstlich nach Weißbrot duften und mit herrlich-fruchtig-süßer Konfitüre gefüllt sind, aber rühren Sie sie nicht an. Verschmähen Sie auch die von Mutter Natur mundgerecht gerösteten Ähren eines kleinen Weizenfeldes, die sich nach oben hin leicht schokoladig verfärben und - insbesondere in Milch und Honig getaucht (beides fließt hier in Hülle, Fülle und nahen Bächen) - eine prächtige, gleichsam nahr- wie auch schmackhafte Morgenmahlzeit abgäben.

Verbringen Sie den Vormittag damit, eine Anzahl gleichzeitig in prachtvoller Frucht und Blüte stehender Obstbäume links liegen zu lassen, die Ihnen ihre Köstlichkeiten nicht nur geschält und entkernt, sondern auch in mundgerechten Schnitzen offerieren. Sogar die Blüten und Samen, die der sanfte, angenehm warme Wind in choreografisch raffinierten Formationen durch die Lüfte trägt, lassen sich essen, einfach, indem man sie mit dem Mund fängt. Sie haben einen leicht herben, pikanten Geschmack und liegen leicht im Magen.

Gegen Mittag ist Ihnen dann sicherlich nach einer umfangreicheren, herzhafteren Mahlzeit. Laben Sie sich am köstlichen Duft diverser appetitlich dampfender Kohlsorten, deren Blätter die Wonnen von Fisch, Fleisch und Geflügel in den erlesensten Kombinationen vereinen, aber widerstehen Sie dem Verlangen, hineinzubeißen! Verkneifen Sie sich das appetitliche Frühlingsgemüse, das aus einem seichten, klaren Tümpel blubbernden Öls heraus wächst. Verzehren Sie sich nach den köstlichen Bratkartoffeln, die wie Kiesel im Gras liegen, aber verzehren Sie sie nicht! Ignorieren Sie Ihren knurrenden Magen und die tosenden Sturmfluten, die in ihrem Mund zusammenfließen, als Sie auf eine von zart-schokoladigen Baumkuchenbäumen gekränzte Lichtung hinaustreten, die von bunten Blumen übersät ist, in deren Blüten kleine Eis- und Konfekthäppchen glänzen, die jetzt als Nachtisch nach dem nicht eingenommenen Mittagsmahl genau das Richtige wären.

Überbrücken Sie die Zeit bis zur Kaffeestunde mit einem kurzweiligen Kampf gegen Ihre irrationale Schmacht nach gebrannten Mandeln (liegen am Strand in dem feinen Kandisstaub, der hier an die Stelle normalen Sandes tritt, und werden von der Sonne geröstet), Lebkuchenherzen (kann man dort von manchen Sträuchern pflücken) und Zuckerwatte (schwebt in tief fliegenden, schneeweißen Wolkenfetzen in Mundhöhe über der Erde). Eine feine Melodei der totalen, ja geradezu totalitären Harmonie schwebt sanft über der ganzen Insel und scheint Sie ob Ihrer schrumpfenden Selbstbeherrschung angesichts der krassen Diskrepanz zwischen dem Nahrungsangebot und Ihrer Sättigung zu höhnen. Ja, nur zu verständlich Ihre Schweißausbrüche, zitternden Hände, Ihr stierer Blick und Ihr Verlangen, sich auf den nächstbesten Fraß zu stürzen. Aber Sie wissen ja: Die Idylle trügt. Fressen heißt gefressen werden. Hungern Sie um Ihr Leben! Zerfließen Sie vor Sehnsucht nach den Torten, Kuchen und Plätzchen, die ein anderes Waldstück verführerisch vor Ihnen auftürmt, aber bleiben Sie stark.

Nach der Hitze des Tages zieht gegen Abend vielleicht ein erfrischender Schauer auf, aber o weh, nicht normales Wasser regnet es, sondern gleichsam wohlschmeckende wie dick machende Säfte. Das Letzte, was man auf der Feinschmeckerinsel gebrauchen kann, gell? Sie beginnen zu halluzinieren. Aber wer weiß auf dieser Insel schon, was Nervenüberreizung und was Realität ist? Die Räucherschinkenweide, die zu Ihrer Linken aufragt, ist die echt? Verzichten Sie auf den Test und auf den Genuss eines köstlichen Nachtmahls. Lassen Sie sich nicht verführen von der Rinde eines anderen Baumes, die man als kalten Braten heruntersäbeln könnte. Weisen Sie belegte Brote und weich gekochte Eier zurück, die Ihnen Mutter Natur freundlichst unter die Nase hält. Verzichten Sie auf den Genuss herzhaften Gebäcks, entsagen Sie Salzstangen, Erdnüssen und legen Sie sich schließlich gänzlich "ungegessen" schlafen, in der Erwartung eines weiteren Fastentages! Perfektionieren Sie die Kunst des Hungerns! Erheben Sie das leidvolle Schmachten zur künstlerischen Disziplin! Leiden Sie Tantalusqualen! Werden Sie Weltmeister im Rippenzählen! Nur so können Sie hier ohne fremde Hilfe überleben. Von führenden Schlankheitsinstituten erfolgreich erprobt! Auch als Extrem-Trendsportart erhältlich: nach Bluddum-Tickling und Malmstrom-Rafting jetzt Gourmet-Island-Starving. Machen Sie mit!

 

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