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57. Wer sind die Bewohner der Teufelsfelsen?

Zamonistik / Dezember 2001 /

Ich muss gestehen, dass ich das zamonische Seeklima nicht so gut vertrage. Mein Hausarzt sagt, es liegt an dem vielen Eisenstaub in der Luft. Schuld daran sind die berühmt-berüchtigten wandernden Teufelsfelsen vom zamonischen Ozean, die jedes Schiff binnen Sekunden pulverisieren, das in ihre mahlenden Fänge gerät. Und das sind dank Leichtsinn und Unerfahrenheit vieler Möchtegern-Seeleute immerhin durchschnittlich siebzehneinhalb pro Jahr.

Trotzdem habe ich die Expedition zu diesen gefürchteten Wanderklippen gewagt, die jeder vernünftige Seemann im weiten Bogen umfährt und noch mehr fürchtet als den schon sehr gefährlichen Malmstrom. Ich wollte nicht nur der Frage nachgehen, wer die Bewohner der Teufelsfelsen sind, sondern auch dieser: Wie kommt es überhaupt, dass die verfluchten Steine sich bewegen? Am Abend vor der Abreise (ich hatte ein kleines Expeditionsschiff gemietet, natürlich ohne dem Eigentümer von meinem Vorhaben zu erzählen) hörte ich mich in einer atlantischen Hafenkneipe noch ein bisschen um. Es war das Lokal "Zum geschredderten Holzbein", in dem mit Vorliebe schwerbeschädigte Blutschinken, Yetis und Wolpertinger verkehren, um mit ihren Abenteuern auf See und den zugehörigen Verstümmelungen und nicht mehr vorhandenen Körperteilen zu prahlen. Ein Yeti hatte mir gerade glaubhaft die sechshundertfünfundelfzigste Variante der Geschichte erzählt, in der er seinen rechten Arm verloren hatte (er hatte damals mit dem verbleibenden Arm sieben Seeschlangen gleichzeitig erwürgt; vor einer Viertelstunde waren es noch drei gewesen), da gelang es mir schließlich, das Gespräch einmal vorsichtig auf die Teufelsfelsen zu lenken. Ein angetrunkener Blutschinken verkündigte, die Teufelsfelsen seien in Wirklichkeit gar keine Felsen, sondern nur sieben selsillensunder Granitzwerge, die seit Fasching vor dreihundert Jahren Synchronschwimmtauchen üben und vergessen haben, ihre albernen Partyhütchen abzunehmen. Da zahlte ich meine Zeche und verließ das Lokal, um am nächsten Morgen mit einem ausgeruhten Kopf in See stechen zu können.

Nun war es natürlich gar nicht so einfach, die Felsen zu finden. Die wandern ja ständig, und so musste ich nach Antritt der Reise in weitem Bogen durch ihr Hoheitsgebiet kurven, beziehungsweise da, wo ich ihr Hoheitsgebiet vermutete, in der Hoffnung, ihnen irgendwann zufällig zu begegnen. Ich hatte noch keinen Plan, wie ich die Felsen einer wissenschaftlichen Untersuchung unterziehen würde, ohne gleich von ihnen zu Tode gemahlen zu werden - überhaupt war mein ganzes Unterfangen irgendwie schlecht durchdacht, um genau zu sein, total bescheuert. Ich war gerade zu diesem Schluss gelangt, als ich vom Bug des Schiffes ein hässliches Knirschen vernahm und eine metallische Staubwolke aufsteigen sah. Ich lehnte mich über die Reling - und da waren sie, die Teufelsfelsen. Steil aufragende Klippen mit je zwei Teufelshörnern (daher der markige Name), hart wie Diamant, gefährlich wie Bolloggs, unbarmherzig wie der Zahn der Zeit. Aber winzig! Nach all den Beschreibungen, die ich aus Fachjournalen, wissenschaftlichen Abhandlungen, Klatsch, Tratsch und Orakeln erhalten hatte, hatte ich mir die berüchtigten Klippen mindestens haushoch vorgestellt, aber mit Nichten und Neffen! Die Felsen, die da gerade dabei waren, mein Schiff in Sägespäne zu verwandeln, waren tatsächlich kaum größer als Partyhütchen für Zwerge (man entschuldige den albernen Vergleich)! Ihr teuflisches Benehmen wurde dadurch aber in keinster Weise verbessert. Schon brach der letzte Rest an Schiff unter mir zu sammen, und ich hätte die spitzen Hörner wohl sehr unangenehm am eigenen Leibe zu spüren bekommen, wäre ich nicht von oben in letzter Sekunde unsanft am Kragen gepackt und in die Höhe gezogen worden. Mein erster Reflex war, zurückzupacken, ich bekam aber nur die griffigen Hörner eines der Teufelsfelsen zu fassen. Zu meinem maßlosen Erstaunen ließ er sich unter dem verdutzten Innehalten seiner Kollegen anstandlos in die Höhe heben, und ich konnte ihn bequem im Griff behalten, während die Rettungssaurierin, die mich beim Schlaffitchen genommen hatte - sie stellte sich später als Umbra X. Ampulla vor - mich gen Festland trug. Unter dem gehörnten Felsen zappelte ein stoxaurer, keifender Granitzwerg im tropfenden Taucheranzug.

Ich kam wieder zu mir, als Umbra X. Ampulla mir mit ihren großen Schwingen kühle Luft zufächelte und beim ersten Zucken meines Augenlides in einen Vortrag über Divergenzen von Realität und Selbsteinschätzung nautischer Kompetenz ausbrach. Der Granitzwerg war weg, ich musste ihn wohl während meiner Abwesenheit wieder fallen gelassen haben. Ich erinnerte mich aber sehr wohl, dass die beiden steinernen Hörner seines Hütchens sehr, sehr spitz gewesen waren. Geradezu nadelspitz! Was können wir daraus schließen? Die Bewohner der Teufelsfelsen sind genau 109 839 655 160 543 938 118 613 226 053 949 590,6 Teufelselfen - vielleicht auch nur noch 94 148 275 851 894 804 101 668 479 474 813 934,8 - das hängt davon ab, ob der kleine keifende Giftzwerg, den ich aus dem Wasser gezogen habe, zu seinen Kumpanen zurückgefunden hat. Aber jedenfalls Teufelselfen. Ist ja logisch, es klingt ja auch so ähnlich.

 

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