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55. Bitte spekulieren Sie über das Aussehen der bislang unbetretenen Stadt Dull. Wie könnten ihre Bauwerke und Bewohner aussehen?

Eydeetische Philophysik / Dezember 2001 /

Ich will Hildegunst von Mythenmetz' Jugendwerk "Reisetagebuch eines sentimentalen Dinosauriers" wirklich nicht schlecht reden. Im Gegenteil, ich kann es als sehr entspannende und doch mitreißende, leichte und doch stilistisch hochwertige Lektüre empfehlen. Aber als seriöse Quelle für Dullsgard-Spekulationen kann es nicht dienen. Mythenmetz beschreibt die im Volksmund gerne mit "Dull" abgekürzte Geisterstadt im dreizehnten Kapitel seines Werkes als die urbifizierte Zwillingsseele zweier verknoteter Dimensionslöcher, was namhafte Literaturkritiker und Philophysiker einiglich und nicht zu Unrecht mit der schlichten Interjektion "HÄÄH?!!" kommentierten. Nein, Mythenmetz' Reiseroman lässt wirklich nicht die geringste Ahnung von philophysikalischen Zusammenhängen, geschweige denn vom Aussehen der Stadt Dullsgard, durchscheinen. Viel glaubwürdiger und fundierter ist da doch der Werbekatalog des Dullsgarder Amtes für Touristik und Fremdenverkehr, der ungleich weniger kostet als Mythenmetz' mittlerweile nur noch als vergoldete Schmuckausgabe erhältliches Werk und die Situation in der westzamonischen Stadt zwar marktschreierisch, aber dennoch deutlich realistischer beschreibt. Ich zitiere wörtlich:

"DULLSGARD - Eine Klasse für sich.

Haben Sie nicht auch das Bedürfnis, mal wieder richtig auszuspannen und abzuschalten - womöglich für immer? Wollen Sie sich nicht mal wieder richtig verwöhnen lassen und ein paar einzigartige Wochen erleben? Machen Sie Urlaub in Dullsgard - perfekte Ferien für die ganze Familie. Dullsgard bietet ein umfangreiches Erlebnis- und Freizeitprogramm und wartet mit überragenden Qualitäten auf.

DIE LANDSCHAFT: Die Stadt ist malerisch gelegen am Rande der Irrlichterbucht, wo die köstlichen Moderdämpfe von den benachbarten Friedhossümpfen herüberwehen, die Sinne vernebeln und atemberaubende Halluzinationen heraufbeschwören. Tag und Nacht streicht der schneidende Ostwind über die Hochebene von Dull und erzeugt geisterhafte Laute, von denen Sie noch Ihren Enkeln am Lagerfeuer erzählen werden. Die Nähe zur hochgefährlichen Wotanskerbe hat schon vielen neugierigen Touristenkindern die Tage verkürzt, und zwar entscheidend. Sowohl die reißenden Finsterwasser im Norden als auch die frei laufenden und sehr zutraulichen Bolloggs im Süden sind nicht nur ein großer Spaß, sondern tragen auch entscheidend zur Ankurbelung des Arbeitsmarktes bei Rettunssauriern und Notärzten bei.

DIE UNTERKÜNFTE: Wohnen Sie in den verfallensten Bruchbuden und den zugigsten Geisterschlössern der Welt. Teilen Sie sich Ihre Betten mit Zombies und Vampiren. Jeder Raum ist eigens verflucht; schreckliche Geheimnisse und mitternächtliche Überraschungen garantiert. Wenn zu später Stunde Gedärme aus der Matratze quellen oder Armeen von Geistern durchs Zimmer marschieren, bleibt kein Wunsch mehr offen!

DIE VERPFLEGUNG: Eine Dullsgarder Vollpension hat es in sich: Die Palette reicht von rustikalen Maden- und Wümerplatten über pikante Schimmelpilzragouts bis hin zum überbackenen Stollentrollgehirn. Wer hier speist, hat die Wahl der Qual. Blut und grüner Glibber zum Würzen Garnieren werden überall kostenlos gereicht.

DAS WELLNESS-PROGRAMM: Lassen Sie es sich mal wieder so richtig gut gehen! Unsere Wellness-Experten werden Sie nicht nur auf Wunsch anknabbern, zerkratzen, aufschlitzen, bei lebendigem Leibe mumifizieren, häuten, von den Füßen an aufwärts in Scheiben schneiden oder ihr Hirn aussaugen, bis Ihr Wohlbefinden keine Grenzen mehr kennt (zumindest garantieren wir Ihnen, dass Sie hinterher nie wieder Unwohlsein empfinden werden), Pflegebäder in Schwefelsäure, die neuesten Fitness-Trainer in unseren mittelalterlichen Folterkammern und Sauna bei 800° C entledigen Sie aller Sorgen - und das zu äußerst günstigen Preisen!

DULLSGARD - Eine Klasse für sich."

So weit der Wortlaut des Werbeprospektes, der schon vor einiger Zeit in Atlantis und sieben weiteren größeren Ortschaften Zamoniens verteilt wurde, jedoch im Reich der lebenden Daseinsformen so wenig Resonanz fand, dass Dullsgard bis auf den heutigen Tag eine Stadt ist, die kein Sterblicher je betreten hat. Ansonsten wäre sie wohl immer noch eine Stadt, die kein Sterblicher je lebend verlassen hat. Bei Geistern, Untoten, Zombies, blutsaugenden Vampiren und Monstern ist Dullsgard als Urlaubsziel und auch als Wahlheimat dagegen sehr beliebt.

"Man fühlt sich schon nach ein paar Tagen Dullsgard wie neugestorben!", schwärmt etwa der vor vierhundertundzwölf Jahren exekutierte Meuchelmörder Morix Murxberger, ein kopfloser Stollengeist, den ich immer auf dem Schulweg treffe. "Ich habe mich stündlich mehrfach aufschlitzen lassen, es war ein Genuss, sag ich dir, einfach höllisch!" Über die Dullsgarder Architektur und das Aussehen der Gebäude will ich jetzt im Übrigen gar nicht groß spekulieren, statt dessen möchte ich alle interessierten Leserinnen und Leser zu dem Dia-Abend einladen, den Morix in Kürze über seinen Dullsgard-Aufenthalt halten wird: am 1. Mai 533 v. Grg. um Punkt 0.00 Uhr in der alten Schlossruine Tansalit, Atlantis. Eintritt frei.

 

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