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35. Warum spielen Wolpertinger so gut Schach?

Zamonische Biologie / April 2001 /

Wolpertinger sind eine seltsame Laune der Natur: Sie tragen den Namen bekannter Fabelwesen, sind erst niedliche Schoßtiere und später hundeartige Hünen mit Neigung zur Gewalttätigkeit. Auf der IQ-Skala der zamonischen Daseinsformen hinwiederum rangieren sie eher in der Mitte, knapp über den Menschen, gehen in der Regel rustikalen Berufen nach und haben dabei doch mehr Gehirne als jeder Eydeet: Sage und schreibe 64 kleine Exemplare finden in einem der Raubtierschädel Platz. Warum die Wolpertinger trotzdem nicht die Verkörperung der Genialität schlechthin sind, ist schnell erklärt: Die Gehirne sind - im Gegensatz zum Beispiel zu denen von Eydeeten - recht schlecht verknüpft. Eines ist jeweils nur mit zwei bis vier weiteren verbunden, was die endozerebrale Informationswirtschaft bei Wolpertingern auf ein verhältnismäßig chaotisches Niveau zwingt: Ein Sinneseindruck beispielsweise nimmt nicht schneller seinen Weg durch die Synapsen als ein Gerücht den letzten Winkel einer Stadt wie Atlantis durchdrungen hat. Das ist zwar immer noch schnell, aber doch zu langsam, als dass man sich auf einen Plausch über das Wetter mit einem Wolpertinger einlassen dürfte, ohne mindestens eine Stunde Zeitaufwand zu veranschlagen. Wolpertinger sind nicht Rechner noch Dichter noch Denker noch Künstler, an philosophischem Talent gebricht es ihnen ebenso wie an rhetorischem, sie sind weder Romantiker noch Daseinsformen des Verstandes - aber in einer Disziplin sind sie de facto unschlagbar: Schach. Warum wohl?

Der Aufbau ihres Denkzentrums entspricht, wenn schon nicht gängigen Normen zur Erhöhung der kognitiven Effizienz, haargenau dem eines Schachbretts: Vierundsechzig Felder, vierundsechzig Hirne. Wolpertinger spielen nicht Schach, sie leben, sie denken, sie fühlen Schach. Die Fähigkeit, Züge und Chancen in jenem Brettspiel zu vorauszusehen und zu analysieren ist ihnen so angeboren wie Menschen das Bewegen von Armen und Beinen, den Blutschinken das Prügeln und den Fhernhachen das elendige Grinsen, einfach aufgrund dessen, dass ihr eigenes Bewusstsein ein Abbild der ganzen Welt des Schachs ist.

 

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